"Qualitätsatlas Pflege 2025": Daten schaffen Transparenz – Umsetzung bleibt aus

Redaktion • 8. Juni 2025

Mit dem neuen „Qualitätsatlas Pflege 2025“ zeigt die AOK regionale Unterschiede in der Pflegequalität auf – auch im Saarland. Während die Analyse als wichtiger Transparenzschritt gewürdigt wird, mahnen Fachkreise: Die eigentlichen Probleme sind längst bekannt. Modellprojekte wie SaarPHIR hätten Lösungen geliefert – doch sie werden ignoriert.


Transparenz durch Routinedaten


Der „Qualitätsatlas Pflege 2025“ basiert auf Abrechnungsdaten von AOK-Versicherten und beleuchtet zehn Qualitätsindikatoren wie vermeidbare Krankenhausaufenthalte, Medikationsrisiken und Hilfsmittelversorgung. Im Fokus stehen regionale Unterschiede – etwa bei der Dauerverordnung von Benzodiazepinen oder Klinikaufenthalten aufgrund vermeidbarer Ursachen wie Dehydration.


Auch das Saarland schneidet in mehreren Bereichen auffällig ab: Laut dem Saarländischen Rundfunk zeigen die Daten deutliche Versorgungslücken – verbunden mit Fachkräftemangel, steigenden Eigenanteilen und wachsender Abhängigkeit von Pflegekräften aus dem Ausland.


Kritische Stimmen: "Nichts, was wir nicht längst wissen"


Pflegeverbände und Versorgungsexpert:innen begrüßen zwar die neue Transparenz – bemängeln aber die Wirkungslosigkeit ohne politische Konsequenz. Die Ruhrgebietskonferenz Pflege kritisiert, der Atlas „beschreibt, was wir schon lange wissen – ohne strukturelle Lösungen zu liefern“. Krankenkassen müssten mehr Verantwortung übernehmen, z. B. durch Qualitätszirkel und telemedizinische Unterstützung.


SaarPHIR: Erfolgreiches Modell ohne Folgen


Ein Beispiel für fehlende Umsetzung liefert das Saarland selbst: SaarPHIR („Saarländische Pflegeheimversorgung Integriert Regelhaft“) war ein Modellprojekt der Saarländischen Pflegegesellschaft, der Kassenärztlichen Vereinigung und anderer Akteure unter Federführung der BARMER, das die medizinische Versorgung in Pflegeheimen verbessern sollte. Es setzte auf:


  • koordinierte ärztliche Betreuung,
  • bessere Kommunikation zwischen Hausärzten, Fachärzten und Pflegepersonal,
  • regelmäßige Visiten,
  • Medikationsanalysen und
  • sektorenübergreifende Zusammenarbeit.


Die Evaluation fiel durchweg positiv aus: Weniger Klinikaufenthalte, mehr Sicherheit für Bewohner:innen, höhere Zufriedenheit bei Pflegepersonal und Angehörigen. Dennoch wurde keine flächendeckende Umsetzung beschlossen – weder auf Landes- noch auf Bundesebene.


Pflegeexpert:innen sehen darin ein zentrales Versäumnis: „Wir müssen nicht mehr forschen, wir müssen handeln“, so ein Kommentar aus einem Saarländischen Heimleiterkreis.


Kommentar


Der AOK-Atlas ist ein wertvolles Analyseinstrument – doch die Daten bestätigen vor allem längst bekannte Fakten. Wenn erfolgreiche Modellprojekte wie SaarPHIR trotz nachgewiesener Wirkung nicht in die Fläche kommen, bleibt die Transparenz folgenlos. Der Ruf nach strukturellen Verbesserungen und Umsetzung konkreter Maßnahmen ist unüberhörbar – jetzt sind Krankenkassen, Politik und Träger in der Pflicht.


Harald Kilian

AOK | Qualitätsatlas Pflege 2025 Pressemitteilung und Download Saarländischer Rundfunk | Hohe Falschmedikation in saarländischen Pflegenheimen?

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